Frau, umringt von Grünpflanzen, blickt durch VR-Brille
Traumforscher im Interview

Traumdeutung: Bitte ohne Traumsymbole!

Traumdeutung machen Sie am besten selbst. Und vergessen Sie Traumsymbole. Wir haben einen Experten gefragt, wie es richtig geht.

Erholsamen Schlaf und eine gute Nacht wünschen wir uns alle. Begleitet von wunderschönen Träumen, bitte keine Alpträume! Das geht, sagt Michael Schredl, Traumforscher und Wissenschaftlicher Leiter eines deutschen Schlaflabors: „Wenn man mit Träumen aktiv arbeitet, kann man Alpträume verändern.“ Und das nicht nur, indem Sie das sogenannte luzide Träumen trainieren. Ihre Träume verändern Sie am besten im Wachzustand. Mit Esoterik hat das nichts zu tun.

Warum träumen wir?

„Träumen ist das subjektive Erleben während des Schlafes“, sagt Schredl. Dabei weiß die heutige Forschung: Sobald wir schlafen träumen wir. Und zwar durchgehend. Das subjektive Erleben schaltet sich nie aus – wir erinnern uns nach dem Schlaf nur meist nicht mehr an viel.

Wir träumen von dem, was uns im Alltag beschäftigt. Warum genau, weiß man noch nicht. Gängige Theorien sind: Dass wir im Traum Erlebtes verarbeiten, Lösungen für Probleme finden oder uns auf Situationen vorbereiten. „Träume neigen allerdings dazu, Emotionen überspitzt darzustellen: Eine kleine Sorge im Alltag wird im Alptraum zu einem riesigen Monster.“

Traumdeutung: Vergessen Sie Traumsymbole!

Das Wichtigste vorab: „Nur der, der träumt, soll deuten“, sagte Traum-Experte Karl Werner Ehrhardt in einem Interview mit der Abendzeitung München (AZ). Also ja, NUR SIE sollten Ihre Träume deuten. Das ist das Allerwichtigste bei der Traumdeutung.

Zweitens: Traumdeutung mit Symbolen kann nicht funktionieren, sagt Experte Schredl. Warum? Weil Träume subjektiv erlebt werden, sie werden vom Wachzustand stark geprägt und sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich.

Und drittens: „Von Traumdeutung sprechen Experten heute nicht mehr, wir nennen es die Arbeit mit Träumen“, sagt der Traumforscher. Doch nun zur Praxis:

Träume deuten ohne Symbole: 4 Fakten

1. Analysieren Sie Grundmuster

Obwohl unsere Träume individuell geprägt sind, funktionieren wir alle ähnlich und beschäftigen uns mit ähnlichen Themen. „Grundmuster“, nennt es Traumforscher Schredl. Und mit diesen Grundmustern können Sie arbeiten, etwa bei:

  • Träumen, in denen Sie fallen: „Das Grundmuster ist hier die Angst vor Kontrollverlust.“ Wir haben Angst, den Boden unter den Füßen zu verlieren und hart aufzuschlagen.
  • Beim Verfolgungstraum dagegen beschäftigt uns im Wachzustand etwas anderes: Ich habe vor etwas Angst und laufe davor weg. Oder weniger dramatisch: Ich vermeide etwas oder schiebe vor mir her, was ich nicht gerne mache.

Tipp des Experten: Schauen Sie das Grundmuster an und fragen Sie sich, worauf es hindeutet. „Das ist aber bei jedem etwas Anderes. Darum können nur Sie das herausfinden!“

2. Lassen Sie sich bei der Traumdeutung unterstützen

Es kann auch helfen, eine andere Person in die Deutung miteinzubeziehen. Aber: „Wenn diese Person zu viel über Freuds Traumdeutung gelesen hat, kann das sehr einseitig werden. Dann erkennt er oder sie möglicherweise in allem ein Phallussymbol und fragt sie nur: Wie steht es mit deinem Sexualleben?“ Suchen Sie sich also jemanden, der Sie als Träumenden unterstützt und Ihnen nichts überstülpt. Sie allein sind Interpretin oder Interpret Ihrer Träume.

3. Was bedeuten Alpträume?

Alpträume sind Träume mit einem stark negativen Affekt: meist Angst, aber auch Wut, Ekel oder Trauer. „Sie erregen uns oft so stark, dass wir aufwachen“, sagt der Traumforscher. Manche Menschen haben übrigens öfter und intensivere Alpträume als andere, was daran liegen kann, dass sie mehr oder schneller gestresst sind.

Alpträume sind prinzipiell nichts Schlimmes, jeder träumt mal schlecht. Wenn ein Alptraum aber immer wiederkehrt, will er Ihnen etwas Wichtiges mitteilen.

4.  Wie deute ich wiederkehrende Träume?

„Klassische wiederkehrende Träume sind Verfolgungsträume, Fallträume oder Prüfungsträume“, weiß der Experte – also allesamt in der Kategorie „Alptraum“ einzuordnen. „Ändert sich der immer wiederkehrende Traum nicht, ist die Grundaussage: Der oder die Träumende muss etwas Neues lernen.“

Am Beispiel Prüfungstraum erklärt: Jemand träumt vor jeder Prüfung, dass er diese in den Sand setzt oder in Unterwäsche erscheint. Hier ist das Grundmuster die Bewertung der eigenen Leistung durch andere. Es geht darum: „Was denken die anderen über das, was ich mache?“ Hier müssen Sie in der (wachen) Realität ansetzen!

Das Spannende: Bei einer Wiederholungsangst – wie Prüfungsangst – brauchen wir gar nicht herauszufinden, was im Leben falsch läuft. Sondern: „Wir können mit Übungen im Wachzustand den Traum ändern“, weiß Traumforscher Schredl. Durch Entspannungsübungen, die der Betroffene lernen und dann vor jeder Prüfung praktizieren kann, verschwindet die Prüfungsangst nach und nach. Und so auch der immer wiederkehrende Prüfungsalptraum.

Traumdeutung: Wozu eigentlich?

Wenn Sie mit Träumen arbeiten, lernen Sie einen Bezug zwischen Traum und Wacherleben herzustellen. Was das bringt? „Es hilft Ihnen, mehr Einsichten zu gewinnen, Ihr Leben besser kennenzulernen und sich selbst“, sagt Schredl.

Die ganz großen Sprünge für Ihr Leben sollten Sie durch die Traumdeutung ohne Traumsymbole nicht erwarten. Es erwarten Sie dadurch keine großen Veränderungen, formuliert es Traum-Experte Erhardt im Interview mit der AZ: „Sondern scheinbare Kleinigkeiten. Und das ist meist das, was neue Lebensqualität ermöglicht.“

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