Kassette - Digital Detox in Coronazeiten: Zurück ins Analoge?
Sollten Sie digital entgiften?

Digital Detox und Corona: Stellen Sie sich diese Fragen!

Online ohne Ende sind wir, nicht zuletzt wegen Corona. Brauchen wir jetzt alle Digital Detox? Oder ist jetzt genau der falsche Zeitpunkt, um uns vom Smartphone loszusagen?

Im Corona-Jahr 2020 sind Menschen durchschnittlich mehr als drei Stunden pro Tag am Smartphone. Bei den 14- bis 29-Jährigen sind es sogar mehr als sechs Stunden – täglich! Kein Wunder, denn:

Home Office, Online Learning, Nachrichten, Videocalls, Workout-Streams, Netflix und Soziale Medien sowieso: Digital Devices ermöglichen uns in Zeiten von Corona Beruf, Studium, Freizeit und sozialen Kontakt mit Familie und Freunden.

Ist das in dieser herausfordernden Zeit in Ordnung? Oder müssen wir den Stecker ziehen und digital entgiften? Dazu haben wir Psychologin Christine Hoffmann befragt und erkannten: Das können wir nur selbst beantworten.

Brauche ich Digital Detox? Diese 6 Fragen entscheiden!

1. Bleibe ich erfüllt zurück?

Wie toll ist es, dass wir trotz Lockdown die Oma live sehen können oder die Freundin am anderen Ende der Welt? Stellen Sie sich vor, wir hätten in den 1980ern wochenlang zu Hause sitzen müssen. Wir wären wahrscheinlich schon nach kurzer Zeit die Wände hochgelaufen. Wir können unseren digitalen Geräten also erstmal Liebe und Dankbarkeit entgegenbringen.

Aber ganz ehrlich: Wie viel von Ihrer Smartphone-Zeit lässt Sie erfüllt zurück? Und wie viel löst Unzufriedenheit aus? Psychologin Christine Hoffmann sagt: „Digital Detox heißt nicht völlige Medienverweigerung. Es heißt, Medienkonsum so zu gestalten, dass er mir gut tut. Im ersten Schritt sollte man beobachten: Wie wirken sich digitale Geräte auf meine Stimmung aus? Wann führen sie zu Stress und Unbehagen und wann zu guten Gefühlen?“

2. Fühle ich mich genug verbunden mit anderen?

Der Mensch hat stets einen Drang nach Verbundenheit, noch mehr in herausfordernden Zeiten. Oft übersehen wir dieses Gefühl und lenken uns davon ab mit Netflix & Co. Dabei wäre es so einfach, diese Sehnsucht zu stillen: Plaudern Sie mit der Verkäuferin in Ihrer Lieblingsbäckerei. Werfen Sie auf der Straße jemandem ein Lächeln zu oder tun Sie etwas Gutes.

Das Wichtigste: Schotten Sie sich nicht ab. Hoffmanns Tipp: Verabreden Sie sich regelmäßig mit einer Bezugsperson zu einem Spaziergang mit Mindestabstand oder ja, greifen Sie zum Handy und telefonieren Sie mit jemandem, der Ihnen gut tut. Denn für die Psychologin ist klar: Ein virtuelles Treffen ist viel besser als gar kein Treffen.

3. Digital Detox oder: Was mache ich mit meiner Zeit?

„Viele fragen mich immer: Wann machst du das alles? Aber ich habe beispielsweise keinen Fernseher und verbringe meine Abende nicht vor dem TV“, sagt Expertin Hoffmann. „Wir alle bekommen jeden Tag Stunden geschenkt, die wir füllen können, wie wir möchten. Je mehr Zeit wir mit Medien füllen, umso weniger anderes können wir tun.“

Fragen Sie sich also ehrlich: Möchten Sie in Ihrer Freizeit eigentlich lieber etwas anderes machen als endlos zu scrollen? Dann überlegen Sie nicht: Auf was will ich verzichten? Sondern: Was will ich mehr machen? Endlich diese Bücher lesen? Oder ein Instrument lernen? Meinen Kindern vorlesen? Mit meinem Partner ein gutes Gespräch führen? Schreiben Sie eine Liste und werden Sie aktiv! Wenn Sie den Drang haben „nur mal kurz“ auf Instagram zu gehen, sagen Sie: Stopp! Ich tue jetzt Dinge, die mich glücklich machen und für die ich sonst „nie Zeit habe“.

4. Erlebe ich genug „Echtes“?

Virtuelle Erlebnisse können uns nie so glücklich machen wie echte Erlebnisse. Unsere Smartphones sind darauf ausgelegt, unsere Aufmerksamkeit ständig aus dem „echten Leben“ wegzuziehen. Doch viele Studien belegen: Je mehr wir Menschen im Hier und Jetzt sind, desto besser geht es uns.

Und wenn Sie jetzt sagen: Was soll ich denn in dieser Zeit groß erleben. Ich bin ja nicht plötzlich erfüllt, wenn ich die volle U-Bahn bewusst erlebe. „Doch!“ sagt die Psychologin. „Es geht um die Kleinigkeiten. Wenn Sie in der Bahn aus dem Fenster sehen und sich bewusst am Abendlicht erfreuen oder einem Fahrgast zulächeln, wirkt sich das positiv auf unser Wohlbefinden aus.“ Es geht nicht um das eine große, tolle Erlebnis, sondern die kleinen Freudenmomente.

5. Was möchte ich erreichen?

Die Online-Zeit zu reduzieren ist kein Kinderspiel, Digital Detox ist anfangs sehr mühsam und anstrengend. Erwarten Sie sogar suchtähnliche Symptome und Entzugserscheinungen. Deshalb: Fangen Sie klein an.

Malen Sie sich zu Beginn die angestrebten Veränderungen aus. Was möchten Sie erreichen? Ein konkretes Bild kreiert eine Sogwirkung, die es uns leichter macht, diese Ziele zu erreichen, sagt die Psychologin. Doch setzen Sie sich nicht zu sehr unter Druck. Gewohnheiten sind hartnäckig und lassen sich nicht von einem Tag auf den anderen abwimmeln.

6. Brauche ich herkömmliche Digital Detox-Tricks?

Manchmal kann uns die beste Liste und das schönste Ziel nicht motivieren, das Handy wegzulegen. Also greifen Sie auch und besonders in Zeiten von Corona auf die guten alten Digital-Detox-Tipps zurück. Das heißt: Strikte handyfreie Stunden, handyfreie Zonen (Schlafzimmer!), Digital-Detox-Apps verwenden, Push-Nachrichten deaktivieren und einfach einmal ganz radikal den Flugmodus einschalten.

Wenn Sie Kinder haben, sollten Sie gemeinsame Mahlzeiten ohne Handy einnehmen, und vielleicht hilft Ihnen allen auch der Trick eines Handy-Kastens: In einen Karton (der gerne schön gestaltet sein darf) legen alle Familienmitglieder zu bestimmten Zeiten ihr Handy ab, um sich in der handyfreien Zeit einander ganz analog zu widmen.

Außerdem hilft es, digitale Dienste auszulagern. Kaufen Sie sich einen Wecker, legen Sie sich eine Armbanduhr zu und statten Sie Ihren Haushalt mit einer Taschenlampe aus. Jedes Mal, wenn Sie Ihr Smartphone nicht in die Hand nehmen, umgehen Sie die Möglichkeit, die nächste halbe Stunde in einer App zu versinken.

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