Väterkarenz: Wenn Papa die Hauptverantwortung in der Erziehung trägt
Ein Plädoyer für die Familie

Papamonat & Väterkarenz: Was Mann wissen muss

Papamonat und Väterkarenz: Zwei Möglichkeiten für Männer, als frisch gebackener Papa Familienzeit zu nehmen. Doch warum beantragen kaum Männer die Familienzeit – fehlen die Erfahrungen oder kennen sie die Vorteile nicht? Wir klären auf.

Väterkarenz und Papamonat sind zwei Möglichkeiten, die der Gesetzgeber in Österreich Jung-Papas bietet, um mehr Zeit mit ihren Babys zu verbringen. An sich eine wunderbare Sache. Aber: „Laut einer Stichtagsbetrachtung waren im Jänner 2020 nur rund vier Prozent aller Kinderbetreuungsgeldbezieher Männer“, sagt Soziologin Sonja Dörfler. Sie hat ihre Dissertation über aktive Väterbeteiligung an der Kindererziehung verfasst.

Knapp vier Prozent: so wenig Männer in Väterkarenz, und das im 21. Jahrhundert? Viel zu wenig! Denn die Väterkarenz bringt Vorteile für alle Mitglieder in der Familie – Papa, Mama, Tochter und Sohn. (Und diese Rituale helfen Papa und Mama durch den Alltag mit Kind.)

Papamonat & Väterkarenz: Was ist der Unterschied?

Papamonat: Unterstützung für Jung-Mamas nach der Geburt

Seit September 2019 gibt es den Papamonat für alle. Davor hatten nur Väter, die im öffentlichen Dienst beschäftigt waren, den Anspruch auf die Freistellung. Was ist der Vorteil des Papamonats? Er ist ein zusätzlicher Urlaubsanspruch für den Vater anlässlich der Geburt eines Kindes. In dieser Zeit soll der Vater die Mutter und eventuell ältere Geschwister unmittelbar nach der Geburt unterstützen. Der Papamonat, der offiziell „Väterfrühkarenz“ heißt, dauert mindestens 28 bis maximal 31 Tage.

Bezahlt wird die extra Zeit mit der Familie nicht, aber man kann Familienzeitbonus beantragen. Dann sollten Sie aber beachten: Der Familie wird das Geld vom Kinderbetreuungsgeld abgezogen.

Heißt im Klartext: Wenn Sie Familienzeitbonus im Papamonat bekommen und später in Karenz gehen, wird Ihnen während der Karenz weniger gezahlt. Besser haben es Familien in Norwegen und Schweden, weiß Expertin Dörfler: „Dort werden Väter während des Papamonats voll bezahlt – allerdings nur für zwei Wochen.“

Die gute Nachricht: Es besteht ein Kündigungsschutz, der vier Monate vor der Geburt eintritt und vier Wochen nach Ende des Papamonats endet.

Väterkarenz: Wenn der Papa die Hauptverantwortung übernimmt

Die Väterkarenz ist der Teil der gesamten Elternkarenz, den der Vater nimmt. Die Karenzzeit beginnt nach dem Mutterschutz, also acht Wochen nach der Geburt – und damit jedenfalls nach Ende des Papamonats. Karenz nehmen in Österreich Eltern in der Regel zwei Jahre lang, bis zum zweiten Geburtstag des Kindes. Während der Karenz erhält die Familie Kinderbetreuungsgeld als Ersatz für das wegfallende Gehalt des karenzierten Elternteils.

Der größte Unterschied zum Papamonat (und zugleich der Vorteil): Während der Vater im Papamonat die Zeit mit Frau und Kind(ern) verbringt und nur eine unterstützende Funktion hat, hat er in der Väterkarenz die Hauptverantwortung für den Nachwuchs in der Familie. Denn während der Papa in Karenz ist, geht die Mama arbeiten.

Obwohl der Begriff „Väterkarenz“ gebräuchlich und verbreitet ist, nennt den Karenzteil, den die Mama nimmt, niemand „Mütterkarenz“. Warum eigentlich nicht? Weil praktisch alle Mütter in Karenz gehen und das deshalb für Mütter einfach „Karenz“ heißt. Bei Vätern ist es nicht so selbstverständlich, in Karenz zu gehen. Die Gründe dafür liegen – wie meist – in unserer Vergangenheit.

Im Wiedereinstiegsmonitoring 2019 veranschaulicht diese Grafik die Unterbrechungsdauer bei Vätern: Sie ist von 2006 bis 2014 stark gesunken, von durchschnittlich 215 Tagen auf 63.

„Es gehen heute zwar mehr Männer in Karenz und beziehen Kinderbetreuungsgeld als 2005. Aber die Väter, die in Karenz gehen, gehen kürzer.“, sagt Dr. Dörfler. Das veranschaulicht obige Grafik.

Warum viele Väter maximal zwei Monate Karenz nehmen

Soziologin Dörfler weiß: „Rund 19 Prozent aller Väter bezieht irgendwann einmal für ihr Kind Kinderbetreuungsgeld (Stand 2018).“ Also nur ein Fünftel aller Väter! In Österreich sind Karenz und Betreuungsgeld nicht gekoppelt, aber da das Gehalt des Elternteils in Karenzzeit ausfällt, ist es sehr wahrscheinlich, dass ein sehr großer Teil der Eltern in Karenz, wenn nicht sogar jeder, auch Karenzgeld bezieht.

Fakt ist: Die wenigen Papas in Karenz beziehen auch noch deutlich kürzer Kinderbetreuungsgeld als Frauen. Und dafür haben die meisten einen der folgenden Gründe – die emotionalen Vorteile für eine Väterkarenz spielen da keine Rolle.

Grund 1: Die Angst vor der Kündigung

Beim gängigsten österreichischen Modell 12+2 können Eltern 14 Monate Kinderbetreuungsgeld beziehen. Aber nur dann wenn auch der Vater mindestens zwei Monate in Karenz geht. Sonst verfällt das zusätzliche Kindergeld. Und genau diese zwei Monate Mindestkarenz gehen die meisten Väter in Karenz. Warum ist das so?

„Unter anderem wegen genau dieser gesetzlichen Regelung“, sagt Dörfler. Denn: „Väter haben Angst vor Karriereeinbrüchen, wenn sie länger als im Beruf akzeptiert in Karenz gehen.“ Und im Beruf akzeptiert wird, was das Gesetz vorschreibt – also in Österreich zwei Monate. Denn: „Die Akzeptanz beim Arbeitgeber richtet sich nach der Mindestdauer, die der Vater nehmen muss, damit das Geld nicht verfällt. Die Akzeptanz der längeren Väterkarenz steigt zwar auf jeden Fall, aber nur langsam.

In anderen Ländern ist das anders: „In Norwegen ist der Mindestanteil, den Männer von der gesamten Karenzzeit nehmen müssen, gesteigert worden: von zwei auf drei Monate. Und das wird von Arbeitgebern akzeptiert. Die Akzeptanz wächst also mit den gesetzlichen Vorgaben.“

Aus Angst vor dem Jobverlust arbeitet außerdem rund die Hälfte der Väter während der Karenz in Teilzeit weiter. Sie reduzieren zwar die Arbeitszeit, aber bleiben in Kontakt mit dem Job.

Grund 2: Die gelebte Rollenverteilung

Ein anderer Grund für die kurzen Karenzzeiten bei Vätern: Die Werte und Rollenvorstellungen, die sowohl Männer als auch Frauen haben. Frauen wie Männer haben in ihrer eigenen Kindheit miterlebt, wie der Vater arbeiten ging und die Mutter hauptverantwortlich die Kinder großzog. Und wenn sie selber „groß“ sind, machen sie es genauso.

Obwohl es immer mehr Hausmänner und Karrierefrauen gibt, wird in vielen Familien nach wie vor die klassische Rollenverteilung gelebt. Und zwar, weil einige Eltern das genauso wollen.

Viele Frauen empfinden laut der Soziologin die Zeit mit dem Kind als eine Zeit, die ihnen zusteht und die fordern sie auch ein. „Anders Männer, die häufig Identitätsprobleme bekommen, wenn sie längere Zeit von der Arbeit wegbleiben“, sagt die Expertin. Warum? „Weil die Identität des Mannes auch heutzutage noch an der Erwerbstätigkeit ausgerichtet ist.“

Neue Gesetze könnten helfen, dass sich das traditionelle Denken der Rollenverteilung verändert, sagt die Soziologin. Damit neue Lösungen gefunden werden müssen – und wir der Gleichberechtigung wieder einen Schritt näher kommen.

Langere Väterkarenz: Nützt den Kindern!

Dass die Männer nur so kurz in Karenz gehen – und ihre Frauen dafür umso länger – erschwert den Frauen den Wiedereinstieg in den Beruf. Denn: Sie müssen viel nachholen, haben Weiterbildungen versäumt, werden vielleicht degradiert, haben Scheu vor den neuen Kollegen und vielleicht vor dem neuen Chef. Und: Ihr Tagesablauf hat sich während der langen Karenz mit dem Baby komplett geändert. Im Umkehrschluss heißt das: Geht der Papa länger in Karenz und die Mama dementsprechend kürzer, finden Mamas leichter in den Beruf zurück.

Aber nicht nur für die Mütter haben lange Väterkarenzen Vorteile – auch für ihre Männer und Kinder: Väter, die sich vier bis sechs Monate hauptverantwortlich um ihre Kinder kümmern, zeigen Langzeiteffekte im Verhalten bei der Kinderbetreuung. Das heißt, sie kümmern sich auch noch nach Jahren mehr um das Kind, als Väter die kürzer in Karenz gehen.

Und: „Wenn die strikte Rollenverteilung nicht gelebt wird, wirkt sich das auch positiv auf den Nachwuchs aus.“ Töchter lernen, dass auch Frauen erfolgreich im Beruf sein können und Mama nicht nur für Haushalt und Kinder zuständig ist. Diese Töchter sind laut Studien später erfolgreicher im Job. Söhne lernen dagegen, dass Papa auch im Haushalt mithilft und für die Kinder genauso da ist wie Mama. „Diese Söhne haben später keine große Scheu, mal Kindergärtner zu lernen, weil sie die Definition von Männlichkeit anders erlernen. Das Verhalten von einem guten Vater wirkt sich also positiv auf die Psyche des Sohnes aus.“, sagt Dörfler.

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