Frau in orangem Mantel lässt sich nach vorne fallen
Ein Experte gibt Tipps

Mutig sein: Stellen Sie sich diese 5 Fragen

Mut hat man oder nicht? Stimmt nicht. Mutig sein kann man lernen. Und zwar so:

„Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst, sondern vielmehr die Erkenntnis, dass etwas anderes wichtiger ist als Angst.“ Soll einst Eleanor Roosevelt gesagt haben. So weit sind viele von uns aber vielleicht noch nicht, sondern wären in manchen Situationen gerne mutiger: Sei es, dass wir eine Gehaltserhöhung anstreben, den Schwarm um ein Date bitten oder wir uns einfach verändern möchten.

Während manchen das offenbar leicht fällt, scheitern andere daran, weil sie nicht den Mut dazu aufbringen. Das können wir aber ändern. Christoph Schlick, Logotherapeut und Gründer des „SinnZENTRUM“ Salzburg, verrät, wie wir es schaffen, mutiger zu werden.

Was ist Mut eigentlich?

Mut kann nur jeder für sich selbst definieren: Für den einen ist mutig, wer sich draufgängerisch in jedes Abenteuer stürzt, für die andere bedeutet es, sich (endlich) ihren Ängsten zu stellen. „Für mich ist Mut ein ganz tiefes Potential, zu dem nicht jeder Zugang hat. Dieses besteht aus zwei Komponenten: Urvertrauen und Demut“, sagt Logotherapeut Christoph Schlick. Urvertrauen ist das Vertrauen in sich selbst und die eigenen Fähigkeiten, in das Leben und das persönliche Umfeld. „Demut bedeutet in diesem Sinne: Habe ich den Mut, mich auch mal zurückzunehmen?“

Warum fehlt uns so oft der Mut?

Mutig sein und mutiger werden würde uns in manchen Situationen das Leben schwer erleichtern. Wenn es darum geht, einem Freund zu sagen, dass man seine neue Freundin schrecklich findet oder darum, der besten Freundin zu gestehen, dass ihre neue Haarfarbe ihr überhaupt nicht steht, spielen uns aber zwei Dinge nicht in die Karten. Zum einen sind wir bewusst vorsichtig, weil wir einen geliebten Menschen mit unseren Worten verletzen könnten. Das ist auch gar nicht verkehrt, sondern zeigt, dass wir empathiefähig sind.

Zum anderen kann aber auch eine Verlustangst dahinterstecken: „Die Angst die mich da blockiert, ist möglicherweise die Angst, jemanden zu verlieren“, weiß Christoph Schlick. Was, wenn der Freund oder die Freundin mich weniger oder gar nicht mehr mag, wenn ich ihr oder ihm meine Wahrheit sage?

Fehlt uns der Mut, die Chefin um mehr Gehalt zu bitten, hat das laut Schlick einen anderen Hintergrund: „Wenn es darum geht etwas einzufordern, spielt oft der Bezug zu meinem eigenen Selbstwert mit rein.“ Wem ein niedriger Selbstwert anerzogen wurde, der kann im Erwachsenenalter nur schwer für sich selbst einstehen.

Mut haben: Warum sind manche mutiger als andere?

Apropos Erziehung: „Das Bewusstsein zu sich selbst zu stehen, wird leider selten anerzogen, denn Staat und Kirche tun sich leichter mit jemandem, der nicht für sich einsteht.“ Ist Experte Schlick überzeugt. Jedenfalls: Was uns bereits in der Kindheit zugetraut und auch zugemutet wurde, bestimmt, wie mutig wir später sind: Wenn ich früh lerne, dass ich zu mir stehen darf, Vertrauen in mich entwickeln kann und man mir etwas zumutet, werde ich als Erwachsener mutiger sein.

Gute pädagogische Ansätze finden sich bei Maria Montessori (Begründerin der Montessori-Pädagogik) oder Rudolf Steiner (Begründer der Waldorfpädagogik): „Diese Ansätze trauen den Kindern sehr früh viel zu, da werden gestandenere Leute daraus.“ Wenn das bei Ihnen nicht der Fall war, brauchen Sie aber nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Denn: Mutig sein kann man lernen.

Mutiger werden? Stellen Sie sich diese 5 Fragen!

  1. Welche Worte geben mir Kraft?

    Überlegen Sie sich Sätze, die Ihnen guttun, wie „Du bist okay“ oder „Das hast du gut geschafft“. Sagen Sie sich diese Sätze einen Tag lang immer wieder innerlich vor, um sie in sich zu festigen.

    Und schreiben Sie sich Ihre Kraftworte auf, rät Schlick: „Manchen Klienten gebe ich Zettel mit Sätzen in mehrfacher Ausführung mit, die sie dann in die Handtasche oder Hosentasche stecken. Über die Zettel stolpern sie immer wieder und werden an die Worte erinnert.“

    Sie können sich auch drei Haltungen aufschreiben, die Sie grundsätzlich prägen, wie Dankbarkeit, Konsequenz und Gelassenheit.

  2. Welche Werte sind mir wichtig?

    Jeder von uns hat eigene Werte – die gilt es herauszufinden und danach zu handeln: „Wenn mir der Wert Gesundheit wichtig ist, bleibe ich in Zeiten von Corona konsequent zuhause oder gehe dorthin, wo keine Menschen sind.“ So kann Mut in diesem Fall auch bedeuten, nicht loszugehen und etwas zu tun, sondern daheim zu bleiben und etwas anderes zu tun.

  3. Welche Kraft schlummert in mir?

    Welche Kraft gibt es in Ihnen, die Sie immer wieder zum Aufbrechen, Aufstehen, Weitermachen anstachelt? „In Momenten der Stille, wenn man mit sich alleine ist und Ruhe hat, spürt man sein Potential am ehesten: Was klopft da an, was möchte da noch gelebt werden?“, sagt der Experte.

    Genau das ist es, was Sie aus Ihrer Komfortzone ausbrechen lässt. Sie müssen aber nicht sofort alles rauslassen und in die Tat umsetzen, was da anklopft. „Schauen Sie sich das einfach erstmal nur an und nehmen Sie es wahr.“ Denn sonst vergeben Sie möglicherweise Chancen und Möglichkeiten.

  4. Wie kann ich aus meiner Komfortzone ausbrechen?

    Wenn Sie soweit sind, Ihre Komfortzone zu verlassen, hat der Logotherapeut einen guten Rat: „Wenn Sie etwas Neues ausprobieren möchten, versuchen Sie es nicht mit etwas ganz Neuem, sondern ändern Sie nur Kleinigkeiten.“

    Bestellen Sie etwa im Restaurant immer Wiener Schnitzel, lassen Sie sich beim nächsten Mal Gulasch servieren. Oder wenn Ihre Spazierrunde Sie immer rechts um den Block führt, gehen Sie einfach einmal links herum.

  5. Wann halten mich meine Freunde für mutig?

    Freunde oder der Partner/die Partnerin sehen einen mit anderen Augen als wir selbst. Und nehmen oft Dinge an uns wahr, die wir übersehen. Wenn Sie mutiger werden möchten, kann es darum helfen, wenn Sie Ihre Freunde fragen: In welcher Situation habt ihr mich als mutig erlebt?

    Vielleicht erkennen Sie dadurch: Sie sind mutiger, als Sie dachten. Denn Sie erfahren, wo es Ihnen nicht schwerfällt, Mut zu beweisen. Hilfreich kann es auch sein, wenn Sie Ihre Freunde einfach danach fragen, was ihnen selbst hilft, mutig zu sein. So eröffnen sich für Sie vielleicht ganz neue Wege, um zu Ihrem Mut zu finden.

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