Spiegelei auf Teller
Was Proteine so besonders macht

Lebensmittel mit Eiweiß: Wie viel braucht unser Körper?

Welche Ernährung ist gesund: Viel Fett und Eiweiß und wenig Kohlenhydrate? Nein, sagt Bas Kast: Essen Sie lieber hochwertiges Eiweiß. Denn das macht pro Kalorie satter als Fette oder Zucker.

Kaum ein Thema spaltet so sehr wie das der richtigen Ernährung: Ist Fett gesund oder nicht? Gibt es gute Kohlenhydrate und schlechte? Sollen wir auf Zucker ganz verzichten oder braucht unser Hirn ihn durchaus? Und wie viel Eiweiß braucht unser Körper eigentlich?

Eiweiß: Als Energielieferant besonders relevant

Bas Kast, Wissenschaftsjournalist und Buchautor, hat sich durch viele tausend Studien geacktert und daraus in seinem Sachbuch „Der Ernährungskompass“ wichtige Ernährungsregeln abgeleitet. Bei Eiweiß ist wichtig zu wissen: Proteine, also Eiweiße, nehmen unter den Hauptenergielieferanten eine Sonderstellung ein.  Zu den anderen Energielieferanten zählen Kohlenhydrate (Saccharide) und Fette (Lipide).

Anders als Saccharide und Fette sind aber Proteine nicht nur für die Energiezufuhr zuständig, sondern vor allem für den Aufbau des Körpers. Von den Muskeln bis hin zum Immunsystem: Als eine Art Baustoff für den Körper sind Proteine Teil des menschlichen Gerüsts. Wird dem Körper kein Eiweiß zugeführt, fehlt ihm die bauliche Grundlage. Ist diese Struktur jedoch errichtet und der Eiweißbedarf damit gedeckt, spricht man vom sogenannten „Eiweiß-Effekt“. Sobald wir genügend Eiweiß aufgenommen haben, ist unser Hunger gestillt.

Bei Grillen beobachtet: Eiweiß-Effekt

Beobachtet wurde dieser Effekt bei Tieren, etwa bei der nordamerikanischen Heuschreckenart Mormonengrille. Sie zieht alle Jahre im Frühling in Millionenscharen durch den Westen der USA, jedoch ohne dabei kahlgefressene Landschaften zu hinterlassen. Ob Pusteblumen oder die Blätter von Hülsenfrüchten: Mormonengrillen fressen nur, was ihr Körper tatsächlich braucht, und zwar: Eiweiß.

Folgt man Bas Kasts Ernährungskompass, gilt der Eiweiß-Effekt auch beim Menschen. „Erst wenn unser Eiweißhunger gestillt ist, hören wir auf zu essen.“ Problem ist: Unser Körper kann Eiweiß nicht so effizient speichern wie Kohlenhydrate und Fette. Ist unsere Nahrung also zu proteinarm, essen wir instinktiv mehr. Kurz: Wir überessen uns – mit Fetten und Kohlenhydraten – und nehmen zu.

Eiweiß in Lebensmitteln: Nicht jede Kalorie ist gleich

Und noch etwas ist entscheidend: Wir werden von Lebensmitteln mit viel Eiweiß schneller satt als von Lebensmitteln mit viel Fett oder Kohlenhydraten. Eine Kalorie ist also nicht stets eine Kalorie, egal von welchem Lebensmittel sie stammt – wie Ernährungswissenschaftler lange behaupteten. Laut Bas Kast sättigt Protein pro Kalorie besser. Nun essen viele heutzutage aber industriell verarbeitete Lebensmittel wie Fertiggerichte, die viel Fett und/oder Zucker enthalten. Und durch diese beiden Bestandteile wird unsere Nahrung „proteinverdünnt“; der Anteil an Eiweiß wird verdünnt, also geringer. Indem wir unseren Hunger nach Proteinen stillen wollen, führen wir ihm bei falscher Ernährung zu viele proteinverdünnende Kohlenhydrate und/oder Fette zu. Die Folge: Gewichtszunahme oder gar Adipositas.

Was hilft: viel unverarbeitete Produkte zu essen und hochwertige Eiweißquellen, die lang satt machen. Und Finger weg von ungesunder Fertignahrung. Daraus folgen laut Bas Kast:

5 Regeln für eine gesunde Ernährung

  1. Essen Sie echtes (nicht verarbeitetes) Essen
  2. Machen Sie Pflanzen zu Ihrer Hauptspeise
  3. Lieber Fisch als Fleisch
  4. Joghurt: ja. Käse: auch okay. Milch: nach Möglichkeit vermeiden
  5. Zucker minimieren, industrielle Transfette meiden

Wie viel tierisches Eiweiß ist gut?

Dass Eiweiß bei vielen lebenswichtigen Prozessen im Körper eine entscheidende Rolle spielt, nutzen vor allem Anhänger von Low-Carb-Diäten als Argument für eine proteinreiche Ernährung. Allerdings haben tierische Proteine nicht uneingeschränkt positive Effekte. Als Baustoff für den Körper beschleunigen Proteine das Zellwachstum – doch was in der Kindheit noch überaus wichtig ist, kann im Erwachsenenalter problematisch werden. Ein Überschuss an Proteinen kann sich ansammeln, verklumpen und Zellen sogar zerstören. Das Wachstum schlägt dann in Zellalterung um. Zudem beschleunigen Proteine nicht nur das Muskelwachstum, sondern auch das Wachstum von krankhaften Zellen. Erst ab einem Alter von 65 verschwindet der schädliche Effekt wieder, den eine proteinreiche Ernährung haben kann.

Eiweißbedarf: Besser über pflanzliche Proteine decken

Das Interessante dabei ist: Alle gesundheitsschädigenden Effekte, die tierische Proteine haben können, gelten nicht für pflanzliche Proteine. Warum das so ist, konnte die Wissenschaft bis heute nicht restlos klären. Fest steht: Pflanzliche Proteine funktionieren genauso für den Muskelaufbau und Körperbau, senken im Gegensatz zu den meisten tierischen Proteinen aber den Blutdruck, verringern das Diabetesrisiko und vieles mehr.

In diesen pflanzlichen Lebensmitteln steckt viel Eiweiß:

Bohnen, Linsen, Kichererbsen, Weizenkeime (die auch viel Spermidin enthalten), Haferflocken, Bulgur, Quinoa, Samen, Sonnenblumen- und Kürbiskerne, Nüsse, Brokkoli, Spinat, Spargel.

Problem bei tierischem Eiweiß: Das Gesamtpaket ist ungesund

Im Gegensatz dazu belegen die meisten aktuellen Studien: Häufiger und hoher Fleischkonsum ist sehr ungesund, vor allem der Konsum von rotem Fleisch wie Rind und Schwein sowie industriell verarbeiteten Fleischprodukten, also Wurst.

Und noch etwas ist entscheidend, schreibt Bas Kast in seinem Sachbuch: Nicht nur unterscheidet sich tierisches Eiweiß und pflanzliches Eiweiß mit seinen oben beschriebenen Wirkungen. Sondern es geht auch um das „Gesamtpaket“, in dem Fleisch- und Pflanzenproteine daherkommen. Heißt: Fleischproteine bringen meist – für die Gesundheit nicht so gute – gesättigte Fettsäuren und Salz mit, während Pflanzenproteine eine gesündere Kombination vorweisen können: Ballast- und andere wertvolle Stoffen, meist mit entzündungshemmender Wirkung.

Ausnahme bei den tierischen Proteinquellen stellen laut Kast lediglich Joghurt (Milchsäurebakterien) und Fisch (Omega-3-Fettsäuren) dar, deren „Gesamtpakete“ Entzündungsprozesse drosseln können.

Teilen: Artikel bei Facebook teilen Artikel bei Whatsapp teilen Artikel URL kopieren
Anzeige
Anzeige
Anzeige